Die erste Zeit

Ankunft im neuen Domizil. Bernice kauert sich ganz eng zusammen, der Transport per Auto hat sie vermutlich noch mal zusätzlich verängstigt. Gut, dass es nur ein paar Minuten waren.

10. März, etwa 18 Uhr Ankunft in ihrem Zimmerchen, wir räumen alles zügig ein, was uns das Tierheim dankenswerterweise als Startpaket mitgegeben hat. Dann verhalten wir uns ein paar Minuten still, um festzustellen, ob alles ok ist. Bernice liegt sehr eng gekauert, kleiner kann sie sich eigentlich nicht mehr machen.

Nach einer Stunde kriecht sie aus der Box, während wir in der Küche essen. Das Katzenklo hat sie benutzt, und sie liegt nur wenige Handbreit daneben erschöpft auf dem Teppich. Bis Mitternacht frisst sie nichts, obwohl wir ihr erstmal Nass- und Trockenfutter in direkte Reichweite gestellt haben. Unsere Geräusche um sie herum machen sie nervös und angespannt. Aber sie nimmt schon nicht mehr diese extreme Schutzhaltung ein! Wir sind zuversichtlich...

Das Katzenklo und den aus dem Tierheim vertrauten Schlafplatz findet sie nun schon. Immerhin dreht sie den Kopf schon zur Seite, die erste Nacht ohne andere Katzen war wohl eine Erleichterung.

Am nächsten Morgen hat sie noch immer nichts gefressen. Ohje, ob der Stress doch zu viel war, wo bleibt der Überlebenswille, den sie im Tierheim wenigstens beim Fressen noch zeigte? Wir machen uns ein wenig Sorgen, sagen uns aber auch, dass beim Wechsel in eine neue Umgebung eine solche Reaktion normal ist. Die Nacht hat sie wohl im Katzenklo verbracht, und als Monika sie zwecks Reinigung desselben in die Wanne hinüberhebt, faucht sie mehrfach und kauert sich wieder eng zusammen. Wir trinken unseren Morgentee bei ihr und reden leise mit ihr. Dabei entspannt sie sich relativ schnell wieder. Wir singen ihr einen Katzen-Kanon, aber darauf reagiert sie gar nicht.

Nur eine Stunde später! Endlich mal entspannen... Wir sind glücklich! So schnell haben wir eine Veränderung gar nicht erwartet.

Gegen Mittag die erste große Überraschung: Sie liegt mit gestreckten Beinen entspannt in der Wanne und schläft. Nach so vielen Wochen Anspannung und Stress zum erstenmal wieder langmachen können, was muss das gut tun!

Bernice hebt den Kopf und zeigt uns ihr Gesicht, sie horcht auf jedes neue Geräusch, bleibt dabei aber noch sehr misstrauisch.

Später am Abend horcht sie auf und reckt ihren Körper, als wir zweistimmige Lieder singen: es ist erstaunlich, als sie wie aus einer Lähmung erwacht und deutlich ihren Kopf in Richtung der Stimmen neigt. Musik scheint ihr gut zu tun.

Am nächsten Morgen schreien wir erst Hurra, dann sind wir besorgt: Bernice hat gefressen, aber das meiste wieder erbrochen, neben dem Napf und im KKlo, und dann auch ihr Fell damit beschmutzt. Was ist geschehen? Dann erfahren wir, dass Katzen nach längerem Hungern oft so hastig fressen, dass sie sich überfressen und erbrechen. Wir sind wieder etwas beruhigt. Über Tag geben wir kein weiteres Futter.

Am Abend geht es ihr sichtbar besser: Eine ganze Portion Nassfutter putzt sie weg wie nichts und legt sich danach lang auf den Teppich. Die Napfgeräusche beim Nachfüllen und Hantieren mit Dose und Löffel sind offenbar interessant, darauf reagiert sie mit Kopfwenden und Ohrenspiel. Eine zweite Portion Futter geht noch am gleichen Abend weg. Das läuft also wieder ganz gut. Offensichtlich betreibt sie auch wieder ausgiebig Fellpflege, denn das vom Erbrochenen verklebte Fell glänzt wieder prächtig. Sie scheint ihr Fell überhaupt sehr gründlich zu pflegen.

Ins Futter geben wir seit dem ersten Tag eine besondere Bachblütenmischung in wässriger Lösung (nicht direkt aus der Stockbottle, enthält Alkohol): Star of Bethlehem (gegen die Schockerlebnisse von Blindwerden, Ausgesetztsein und Überlebenskampf da draußen), Rock Rose (gegen die Panik und zur Regeneration der Kräfte), Walnut (für den Wechsel in die neue Umgebeung), Aspen (gegen die Angst und Panik), Gorse (gegen das Sich-Aufgeben). Möglicherweise fördern diese Tropfen auch die Fortschritte, die sie so schnell macht.

Ihr bevorzugter Platz ist nach wie vor das KK, dort riecht es am stärksten nach ihr selbst, das gibt ein sicheres Gefühl.

In diesen Tagen beschäftigen wir uns viel mit der Lösung der KK-Frage: Bernice verlässt – außer kurzzeitig zum Fressen – das Katzenklo nicht. Wie sollen wir es reinigen, wenn sie die Schaufel mit Fauchen und Knurren angreift oder sich gegen das Herausheben wehrt? Vorsichtig buddeln wir trotz Gefauche die Hinterlassenschaften um sie herum weg. Noch haben wir dafür keine Lösung. Im Tierheim wurde sie aus dem Klo gehoben, hier wehrt sie sich inzwischen massiv dagegen. Der Tipp, den uns der Helenenhof gibt: Bernice nicht zwingen, sondern aus dem Klo locken, um weiteren Stress für sie zu vermeiden.

An den folgenden Tagen wird Bernice regelrecht mürrisch, es geht auf Vollmond zu... Sie signalisiert "Laßt mich bloß in Ruhe!", ist sehr verpennt und zurückgezogen. Und immer noch: sie verläßt das Katzenklo nicht! Als Monika freundlich mit der Schaufel kommt, gibt's gar Tatzenhiebe auf die lästige Schaufel! Immerhin: Ihre Energien wachsen. Was mag der geeignete Lockstoff sein?

Mittwoch - Vollmond und Fastentag, damit sie richtig Hunger bekommt und den Platz wechseln muss. Wegen der K-Frage hat uns das Tierheim geraten, das Futter weiter weg zu stellen ("Der Hunger treibt sie raus!"). Und endlich hat es funktioniert! Nachdem den ganzen Tag nichts zum Fressen da war, lag sie abends plötzlich, das Gesicht uns erwartungsvoll direkt zugewandt – in der Wanne! Sofort haben wir die Gelegenheit genutzt und erst das KK gesäubert, danach ein Fischmenu serviert. Nur Minuten später saß Miss B. schmatzend über dem Napf. Darauf einen Sekt...!

Und wieder ganz entspannt!

Der Clou kam eine Stunde später: Wir hatten ein Catnip-Kissen in ihren Schlafplatz gelegt und etwas später lag sie dort, gemütlich zusammengerollt und schaute uns fragend entgegen, so nach dem Motto "Was wollt ihr denn schon wieder? ich liege doch schon da, wo ihr mich haben wollt!"

Sie kann übrigens ganz clownige Ausdrücke im Gesicht machen, wenn sie gut drauf ist. Wir entdecken immer mehr, welch hübsch getigerte Schönheit sie ist! Die Tigerzeichnung changiert in allen Farben, und das Gesicht mit der weißen Schnauze lässt uns immer wieder den Tiger in ihr sehen. An ihrer linken Vorderpfote ist nur der dritte Zeh weiß, als ob sie einen Verband trägt. Und richtig auffallend ist ihr rostoranges Bauchfell, das wir erst nach einigen Tagen zu sehen bekamen.

Mit uns freuen sich noch viele Menschen mehr, dass Bernice solche Fortschritte macht. Das Tierheim hat ein aktuelles Foto von ihr ins Internet gestellt und daraufhin reagieren wieder mehrere Menschen mit viel Gefühl für Bernice. Irgendwie sind wir jedes Mal ganz berührt und auch stolz, dass es uns gelingt, Bernice-gemäß zu handeln.

Bernice entwickelt sich zur Schlafkatze. Morgens nimmt sie verpennt etwas Futter und möchte dann den Tag in Ruhe gelassen werden. Sie schläft und döst recht viel tagsüber, am frühen Abend wird sie munterer. Wir vermuten, dass früher sie einen entsprechenden Lebensrhythmus hatte: möglicherweise lebte sie bei Berufstätigen, die erst abends für sie Zeit hatten.

Wir berühren sie selten, weil wir den Eindruck haben, dass sie es eher erträgt als genießt und überlassen es Bernice, wann sie gestreichelt werden möchte, vielleicht kommt sie irgendwann aus eigenem Wunsch. Unser Fazit nach der ersten Woche: Bernice verhält sich deutlich entspannter und wir erkennen eher ihre „Stimmungen“. Wir haben sie gerne hier und freuen uns an ihr!

Die folgende Zeit sind für Bernice Vorlesewochen: Jeden Abend zehn Seiten „Katzenradio“ (Harry Potter, Kochrezepte, Kinder-Uni...) wirken ungemein entspannend auf sie. Wir lesen mitten in ihrem Zimmer vor und sie lauscht gelassen und mit viel Ohrenspiel von ihrem Platz aus, mal im KK, mal im Katzenbett. Meistens schläft sie dabei auch schon mal ein wenig ein. Ist die Katze entspannt, freut sich der Mensch...!

 

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